Bei einem Bummel durch das Zentrum kann man in der Via Carducci , in der Viale Dante und in der Viale Regina Elena einige Jugendstilvillen, Zeitdokumente der österreichisch- ungarischen Monarchie entdecken. Grado lag in unmittelbarer Nähe zur Hauptstadt des Kaiserreiches und deren ehemaligen Hafenstadt Triest. Auf Grund der Thermalbäder und des Badebetriebs bevorzugten Adel und Großbürgertum die Insel den anderen Orten an der Oberen Adria. 1892 zum Luftkurort erklärt, erstanden rasch mehrere Villen und einige dieser, ursprünglich Ferienhäuser, entwickelten sich zu namhaften Hotels. Manche der kleineren Villen existieren nicht mehr oder wurden in den Jahren umgebaut, andere wiederum sind im Laufe der Zeit sorgfältig erhalten geblieben: eine der repräsentativsten, in Via Carducci Nr. 7 ist der Privatbesitz „Villa Liberty“. Harmonie von Guss- und Schmiedeeisen, die bunte Verglasung der Fassade, die geschwungenen Linien der Blumenornamente und der Frauenmotive sind Ausdruck dieser kunstgeschichtlichen Epoche. Der architektonische Stil ist in den Holzdekorationen oder den bunten Fließen unter den Stieldächern zu erkennen. Der Jugendstil erlebt seine Blütezeit an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert: er richtet sich gegen den Historismus der akademischen Tradition und verbindet Architektur und die einzelnen Sparten der Kunst zu einem einheitlichen, ästhetischen Gesamtkunstwerk. Die Wiener Secession und die Wörthersee Architektur sind Ausdruck dieses Konzeptes.
Die „Ville Bianchi“ wurden Anfang 19. Jhdt. im Auftrag von Leonhard Bianchi auf Sand erbaut. Er ließ das Baumaterial von Belvedere auf Booten nach Grado transportieren und subventionierte, gemeinsam mit dem österreichischen Statthalter, die Ausgrabung eines artesischen Brunnens. Damit leistete er einen bedeutenden Beitrag zur Modernisierung der Insel. Bahnbrecher des Tourismus, leitete die Familie Bianchi die 5 Villen Marina, Spiaggia, Onda, Stella Maris und Adria bis zum Jahr 1987. Nach dem Verkauf erfolgte eine umfassende Renovierung. Das Monogramm „FJ“, Franz Joseph, mit dem Doppeladler ist auf „dem ehemaligen kaiserlichen Tor“, heute die Verzäunung Richtung Strand, erhalten geblieben.
In der Viale Dante wurde 1912 die „Villa Reale“ fertiggestellt. Ursprünglich im Privatbesitz von Hugo Anbelang wird sie darauffolgend von einem Enkel Carl Warhaneks, auf den auch die Entstehung der ersten Fabrik zur Sardinenkonservierung zurückgeht, übernommen. Sie scheint erstmals 1914 als „Villa Imperiale“ im Verzeichnis der Kurverwaltung auf. Seit 1923 besitzt und leitet Familie Warhanek das Hotel. Die Villa, mit modernem Komfort ausgestattet, und der schöne Garten haben die Merkmale der Vergangenheit beibehalten. Sie beherbergte in den letzten Jahrzehnten , wie auch in Zeiten der österreichisch-ungarischen Monarchie, prominente politische Persönlichkeiten und berühmte Künstler. Seit 1907 befinden sich in der Fußgängerzone auch „Villa Erica“, ein Hotel mit romantischem Flair und seit 1927 die nahegelegene elegante „Villa Bernt“. Beide Hotels werden den heutigen Anforderungen der modernen Zeit gerecht und haben den Charme der Entstehungsjahre bewahrt: den kaiserlich-königlichen mit den Urlaubern aus Mitteleuropa und den gehobenen Tourismus der 20er-Jahre, als der Art Deco den Liberty ersetzte.